Dezember 2024
Stellungnahme der SPD Murnau zum Vertragsabschluss der Gemeinde Murnau mit der Firma Seitwerk zur Nutzung der Alten Post
In der vorliegende Stellungnahme soll es nicht noch einmal um Pro und Contra der verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten des alten Postgebäudes in Murnau gehen, die Argumente für die verschiedenen Nutzungsvarianten sind zur Genüge ausgetauscht und erörtert worden. Was uns vielmehr in den Grundfesten unseres Demokratieverständnisses erschüttert, ist die Vorgehensweise der gewählten Volksvertreterinnen und Volksvertreter und deren aus unserer Sicht zutiefst undemokratisches Verhalten angesichts des laufenden Bürgerbegehrens.
Nach dem Start der Unterschriftensammlung für das Projekt Bürgerhaus, das im alten Postgebäude entstehen sollte, war von Seiten des Bürgermeisters noch zu hören, dass er dem Ausgang der Unterschriftensammlung offen entgegen sieht und bei einem positivem Ausgang unterstützen würde. Dabei hatte er zu diesem Zeitpunkt längst den Vertrag mit der Firma Seitwerk in der Tasche gehabt und nun eiligst Nägel mit Köpfen gemacht, aus Angst, das sehr erfolgreich angelaufene Bürgerbegehren könnte seine Pläne doch noch durchkreuzen. Was sind die Äußerungen eines solchen Bürgermeisters wert? Was sein Wort?
Für das Bürgerhaus haben sich Menschen aus verschiedenen Gesellschaftsgruppen und Generationen mit unterschiedlichen Weltanschauungen und sozialer Stellung eingesetzt und sich dafür stark gemacht, einen Ort in der Mitte Murnaus für alle Murnauerinnen und Murnauer zu schaffen: Einen Treffpunkt für alle, unabhängig von ihrer Herkunft, ihres Alters, ihrer Sprache, einen Ort des Austauschs und des Miteinanders, einen Ort, an dem auch ökonomisch Schwache eine Stimme bekommen sollten und sichtbar werden in unserer doch manchmal sehr wohlstandsverwöhnten Marktgemeinde. Es hätte ein Ort werden können und sollen für die Leisen, die Schwachen, die Mutigen, die Visionären, die Kreativen und die Engagierten in unserer Gemeinde, inklusiv statt exklusiv. Sind es doch meist die Lauten, die Polternden, die Fordernden, die bereits viel zu häufig tonangebend und sichtbar sind in unserer Gesellschaft und zu einer Spaltung beitragen.
In Zeiten der gesellschaftlichen Umbrüche, des schwindenden sozialen Zusammenhalts, des demographischen Wandels erscheint es uns wichtiger denn je, solchen Ideen, wie der vom geplanten Bürgerhaus einen Raum in der Mitte der Gesellschaft und mittendrin in unserem Ort zu geben. Uns ist bewusst, dass die finanzielle Situation der Marktgemeinde in den kommenden Jahren keine großen Spielräume für Luftschlösser lässt. Das vorliegende Konzept des Bürgerhauses war aber keineswegs ein Luftschloss, sondern beinhaltete ein gut durchdachtes Finanzkonzept, und eine nachhaltige Finanzierung des Projektes war aus unserer Sicht gewährleistet.
Über 20 soziale Institutionen, darunter die Caritas, das Familienzentrum Murmel, die Diakonie, die Kinder-, Jugend- und Erwachsenenhilfe, die Brücke Oberland, der Sozialdienst katholischer Frauen und viele mehr, haben sich für das Bürgerhaus zusammengetan, zukunftsweisende Ideen für ein soziales Miteinander gesammelt und in ehrenamtlicher Arbeit ein Konzept ausgearbeitet. All diese engagierten Bürgerinnen und Bürger nun mit den vollendeten Tatsachen während des noch laufenden Bürgerbegehrens durch die voreilige Vertragsunterzeichnung so vor den Kopf zu stoßen, ist Hohn für eine bürgernahe Demokratie. Nur wenige Gemeinderäte hatten wohl den Mut, sich für das Konzept stark zu machen und die Idee – wie eigentlich längst vom Gemeinderat im Dezember 2023 grundsätzlich befürwortet – weiterhin zu unterstützen. Alle anderen sind eingeknickt und hatten Angst vor dem erfolgreichen Verlauf des Bürgerbegehrens.
Hunderte von ehrenamtlich geleistete Stunden für die Ausarbeitung des Konzeptes sowie für die Initiative des Bürgerbegehrens wurden erbracht. Das Demokratieverständnis von vielen engagierten Menschen wurde durch das Vorgehen des Bürgermeisters sowie des Gemeinderats in den Grundfesten erschüttert und mit den Füßen getreten – und das in Zeiten, in der die Politikverdrossenheit auf dem Vormarsch ist und es immer schwieriger wird, Menschen zu finden, die sich für das Gemeinwohl und für ein soziales Miteinander engagieren. Kein Wunder! Besser hätte man es nicht machen können, Frustration, Politikverdrossenheit und gesellschaftliche Spaltung zu schüren, Glückwunsch an die gewählten Volksvertreterinnen und Volksvertreter in Murnau!